Freundesbrief 2019

„ICH GLAUBE, HILF MEINEM UNGLAUBEN!“ Mk. 9.24 (Jahreslosung 2020)

Freundeskreis Ndolage                                                                           

Dr. Frank Beier                                                                   

 

 

Freundesbrief 2019
Tiefenstr. 4

D-33824 Werther

SilkeFrankBdontospamme@gowaway.web.de

+49(0)5203-296971

im November 2019

 

 

Liebe Freundinnen und Freunde Ndolages!

 

Auf dem Bild sehen Sie die Krankenschwester Amelia Musikampingo und ihren Kollegen Melchior Rweikiza mit dem Motorrad auf dem Weg in ein abgelegenes Dorf in der Nähe von Ndolage westlich des Viktoria-Sees in der Kagera-Region in Tansania. Sie sind auf dem Weg zu David Edward Joel, einem 25 jährigen in dem Dorf Kashenge im Bezirk Mafumbo unter den großen Felsen von Ndolage.

 

David blickt auf eine schwere Kindheit zurück, da sich seine Eltern trennten, als er 6 Jahre alt war. In der Großfamilie fand sich immer jemand, bei dem er bleiben konnte, aber für mehr als eine unvollständige Grundschulausbildung reichte es nicht. Da er jung, gesund und kräftig war, konnte er aber gut in der Landwirtschaft mithelfen. So war für ein Auskommen gesorgt. All dieses änderte sich zum Negativen, als es zunächst zu einer juckenden Blasenbildung an seinem linken Fuß gefolgt von einer zunehmenden sehr schmerzhaften Wunde kam. Da kein Geld für eine medizinische Behandlung vorhanden war, versuchte er, sich mit altbekannten Heilkräutern und Wundsäuberungen mit Salzwasser zu helfen, was aber nur zu einer Verschlechterung des Zustandes führte. Glücklicherweise wurde ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Palliativprogrammes auf ihn aufmerksam. Nach einem kurzem Gespräch konnte eine durch Ihre Spenden finanzierte Krankenhausbehandlung vereinbart und der Transport nach Ndolage organisiert werden. Hier gelang es glücklicherweise innerhalb von 12 Tagen, die Wunde zum Abheilen zu bringen und somit David die Arbeitsfähigkeit und somit eine Zukunftsperspektive zurückzugeben.

 

Das „Ndolage Hospital Palliative Care Programe“ betreut chronisch kranke, behinderte und sterbende Menschen, die in den kleinen Häusern und Hütten oft nur versteckt werden. Die Zahl der Bedürftigen wächst schneller als die der Bevölkerung, da durch den oft erfolgreichen Kampf gegen tödliche Infektionskrankheiten wie Malaria die Lebenserwartung massiv gestiegen ist. Die Zahl der unheilbar Krebskranken hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Kaum eine(r) dieser Frauen und Männer hat im Endstadium Zugang zu ausreichenden Schmerzmitteln und muss so einen qualvollen Tod sterben. Unzureichend behandelte Erkrankungen wie Diabetes und Bluthochdruck führen zu schweren bleibenden Schäden wie Erblindung, Schlaganfällen und nicht-heilenden Wunden. Verschlimmert wird die Situation oft noch dadurch, dass oft die „Ernährerin“ oder der „Ernährer“ der Familie erkrankt sind und so die Armut zunimmt.  

Amelia klärt David vor seiner Wohnung über sie Möglichkeit einer kostenlosen Behandlung in Ndolage auf

 

In dieser Situation war das 2008 mit amerikanischen Geldern gestartete Programm der ELCT (Evangelisch-Lutherische Kirche von Tansania) ein Segen, das sich speziell um die Versorgung dieser Menschen kümmert. Es war von Anfang an auch mit der häuslichen Versorgung von HIV-infizierten bzw. AIDS-Patienten verbunden.  Durch den eindrucksvollen Einsatz von Amelia und Melchior gelang es, in einem Gebiet, das weit über den eigentlichen Einzugsbereich von Ndolage hinausgeht, ein Netzwerk mit 40 ehrenamtlichen Mitarbeitern, das 3640 Patienten zu Hause versorgt, auszubauen. Problematisch ist, dass (fast) alle aus Übersee finanzierten Projekte zeitlich begrenzt sind, danach sollen sich dann die Projekte selbst tragen. Die Tatsache, dass die Menschen, die hier unterstützt werden, oft nicht einmal genug Geld für die tägliche Ernährung haben, bleibt dabei unberücksichtigt. Zunächst ließen sich noch andere Finanzierungsquellen finden, aber auch diese endeten 2018. Es ist wieder einmal die Situation entstanden, wo es die Not der betroffenen Menschen verbietet, das Projekt zu beenden, gleichzeitig aber keinerlei Geld zur Verfügung steht. Das Hospital zahlt nun die Gehälter der beiden weiter, obwohl auch für die übrigen Mitarbeitenden die Gehälter nur selten vollständig und zeitgerecht ausgezahlt werden können (siehe die letzten Freundesbriefe). Im Moment arbeitet die Kirchenleitung in Bukoba daran, staatliche Unterstützung für das Projekt zu bekommen. Da diese jedoch unsicher ist und auch nicht alle Bedürfnisse abdecken kann, kümmert sich die Physiotherapeutin Susanne Stockey, die diesen Monat mit einem Team aus dem Raum Osnabrück in Ndolage war, um den Aufbau eines speziellen Unterstützerkreises für dieses wichtige Projekt.

 

Ndolage ist ein besonderer Ort, nicht nur wegen der herrlichen Lage, sondern gerade auch wegen der Menschen, die dort arbeiten. Passend zu obigem Bericht will ich Ihnen heute von Amelia Musikampingo erzählen. Zusammen mit Stewart Lukiko, die schon seit vielen Jahren den Kreissaal in Ndolage leitet, ist sie eine von den Personen, denen zu verdanken ist, dass ich seit über 36 Jahren freundschaftlichen Kontakt zu Ndolage halte. 1983 war ich 2 Monate als Medizinstudent dort. Man bedauerte sehr, dass man mir kein eigenes Haus zur Verfügung stellen konnte. Vielmehr müsse ich mir eines mit zwei jungen Krankenschwestern teilen. Gerade in der damaligen Situation, in der die Wirtschaftlage in Tansania sehr schlecht war, war es sehr gut, Unterstützung von Einheimischen zu haben. Bald waren wir gemeinsam bei der Verwandtschaft unterwegs, um Kochbananen und andere essbare Dinge zu organisieren. 

 

Bald darauf heiratete Amelia den Hilfsarzt Tito Musikampingo. Beide zusammen waren ihr ganzes Berufsleben in Ndolage in verschiedenen Funktionen tätig. Sie bekamen 4 Töchter: Atugonza, Ainekisha, Alinda und Asiimwe. Als wir 2002 für 5 Jahre nach Ndolage kamen, war die Familie vor eine besondere Herausforderung gestellt. Zunächst bekam Amelia die Möglichkeit zu einer auswärtigen zweijährigen Fortbildung, die aus der „Nurse Midwife“ eine „Nursing Officer“ machte, und bald darauf konnte sich Tito auf einem nur in Tansania anerkannten Bildungsgang zum Arzt qualifizieren. Die Kinder mussten sich mit der Unterstützung von Freunden weitgehend selbst versorgen. Seit 2008 leitet Amelia das oben beschriebene „Palliative Care Programe“. Dieses passt sehr gut zu ihr, da mir immer wieder auffiel, wie stark sie sich für Benachteiligte einsetzte, z.B. Waisenkinder aus ihrer Umgebung. Bei ihrem Mann führten leider in den folgenden Jahren der Bluthochdruck und Diabetes zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. Wegen seiner   Augen musste er sich öfter über 1000 km mit dem Bus in das große kirchliche Krankenhaus am Kilimanjaro auf den Weg machen. 2015 verstarb er viel zu früh.  Amelia musste sich nun allein neben ihrer verantwortungsvollen Arbeit um die noch in der Ausbildung befindlichen Kinder und das Gehöft im 20 km entfernten Rwantege kümmern, ohne dessen Einnahmen die Ausbildungskosten erst recht nicht gedeckt werden konnten. Trotz aller dieser Schwierigkeiten engagiert sie sich weiter mit ganzem Herzen  für die oft vergessenen chronisch Kranken in den Dörfern und möchte diese Arbeit auch gerne fortsetzen, wenn sie in sechs Wochen das offizielle Rentenalter von 60 Jahren erreicht.

1983: In Wohngemeinschaft mit Amelia: Festessen: diesmal gibt es die Kochbananen sogar mit Fisch

2003: Familie Musikampingo: schön, dass die Mutter während der zweijährigen Fortbildung wenigstens per Telefon erreichbar ist

An Erfreulichem gibt es aus Ndolage zu berichten, dass Evodius, der Junge mit der Knochenvereiterung, von dem ich im letzten Freundesbrief berichtet habe, inzwischen geheilt ist und die Schule besuchen kann.

 

Weiterhin ist die wirtschaftliche Situation des Krankenhauses schwierig und an der Problematik, die ich in den letzten Freundesbriefen (s. Homepage) geschildert habe, hat sich nicht viel geändert, und so lange es hauptsächlich arme Patientinnen und Patienten versorgt, wird es auch so bleiben. Wie in den letzten Jahren und Jahrzehnten ist viel Optimismus und Gottvertrauen erforderlich, um die Arbeit fortzusetzen. Dazu passt ja auch gut die Jahreslosung, die über dem Freundesbrief steht.

 

Das von der Evangelisch-Lutherischen Kirche getragene Krankenhaus Ndolage  ist mit seinen 220 Betten ein großer Segen für die 65.000 Menschen in seinem direkten Einzugsbereich. Eine entscheidende Rolle dabei spielt der Poor-Patients-Fund (PPF), für den wir schon seit 2003 regelmäßig Spenden sammeln. Problemlosen Zugang zu den Leistungen eines Krankenhauses haben nur die wenigen Menschen, die entweder genug Geld oder eine Krankenversicherung haben. Trotz Unterstützung durch den Staat oder aus Übersee (z.B. vollständige Finanzierung von Dr. Lolwako durch die Vereinte Evangelische Mission (VEM) oder kostenlose Einsätze von Ehrenamtlichen) verbleibt noch ein Restbetrag, der durch die Patientinnen und Patienten zu tragen ist. Diesen aufzubringen ist für Viele nur mit Schwierigkeiten möglich. So kann die Erkrankung eines Kindes bedeuten, dass die einzige Kuh verkauft werden muss oder das Schulgeld verbraucht ist. Somit waren gerade die Ärmsten daran gehindert, zur Behandlung zu kommen. Da wir nach wie vor nicht allen Bedürftigen helfen können, hat unser Projekt zunächst seinen Schwerpunkt auf Neugeborene und Kleinkinder unter 5 Jahre gesetzt, eine Gruppe, die am meisten durch todbringende Krankheiten gefährdet ist. Immer noch sterben viele Kleinkinder an einer Durchfallerkrankung oder einer  Malaria und der daraus  resultierenden Blutarmut.  Dank Ihrer Spenden ist es schon seit 16 Jahren fest im Bewusstsein der Bevölkerung um Ndolage verankert, dass jedes Kind für einen kleinen Eigenbeitrag (1,30 €) behandelt wird. Den Rest zahlt der PPF. Wenn das Kind so schwer krank ist, dass eine stationäre Aufnahme erforderlich wird, sind es im Durchschnitt 50,- €, wenn eine ambulante Behandlung ausreicht, beträgt der Anteil aus Spendengeldern knapp 10,- €. Bedürftige Erwachsene werden nach einer Einzelfallprüfung unterstützt. Die später mit in das Projekt aufgenommenen Schwangeren müssen für eine Entbindung 10.000,- tansanische Schillinge, also 4,- € zahlen, wenn ein Kaiserschnitt notwendig ist, verdoppelt sich der Betrag. Hier beträgt der Zuschuss 60,- €.    

Evodius mit seinem Schulheft im Physiotherapieraum.

Keine Angst vor Kinderkrankheiten dank der Behandlung in Ndolage

Im letzten Jahr konnten wir so 1408 Menschen eine Behandlung ermöglichen. Die Zahl der Kleinkinder, die so schwer erkrankt waren, dass sie stationär aufgenommen werden mussten, betrug 679. Es wurden 131 Kinder ambulant und 183 weitere Kranke behandelt. Während die meisten Mütter zu Hause oder in kleineren Gesundheitsstationen entbinden, konnten wir 415 Mütter unterstützen, ihr Kind im sicheren Umfeld des Krankenhauses zur Welt zu bringen. Meistens handelte es sich um Risikoschwangerschaften, in sehr vielen Fällen war ein Kaiserschnitt erforderlich. Da bis Ende September dieses Jahres bereits 1619 Menschen von unserem Projekt profitierten, erwarten wir für dieses Jahr einen Anstieg auf knapp 2200 Patientinnen und Patienten.

 

Neben der oben beschriebenen finanziellen Hilfe gibt es auch noch Freunde Ndolages, die das Hospital auf anderen Wegen unterstützen. Ein Verein aus Krankenhausmitarbeitenden im Kreis Osnabrück besucht Ndolage zweimal im Jahr mit einem Team, das im medizinischen und technischen Bereich Hilfe leistet. Beim letzten Einsatz im April diesen Jahres konnten wir erfolgreich derart zusammenarbeiten, dass die Besucher die Patientinnen und Patienten kostenlos behandelten und der PPF die z.B. für die Nutzung des Hospitals und Medikamente anfallenden Kosten soweit erforderlich übernahm und so sichergestellt wurde, dass gerade auch die Ärmsten erreicht wurden. Die Aktivitäten von Susanne Stockey zur Unterstützung der „Palliative Care“ habe ich oben schon erwähnt. Wir sind gespannt, wie sich die Aktivitäten einer Krankenhausseelsorgerin aus dem Rheinland zur Vernetzung der Krankenpflegeschule in Ndolage mit einer deutschen Schule entwickeln. Alle diese Aktivitäten werden auf den halbjährlichen Treffen des „Freundeskreis Ndolage“ besprochen, an dem gut 10 Menschen teilnehmen, die alle Ndolage persönlich kennen.  

 

Der große Einsatz vieler Menschen für Ndolage ist sehr erfreulich, aber auch lebensnotwendig für die Menschen dort. Auf dem Konto der VEM gingen im letzten Jahr 83.901,84 ein. In den ersten 9 Monaten dieses Jahres wurden bereits wieder 37.501,21€ gespendet. Die Sternsinger in Werther haben dieses Jahr 8.519,84 gesammelt, die vom Kindermissionswerk auf 9.000,- „aufgerundet“ wurden.  Nach den aktuellen Hochrechnungen werden wir dieses Jahr 105.500,- € benötigen, um für die oben beschriebene Gruppe die Behandlung sicherstellen zu können. Damit werden auch die Rücklagen aus dem im letzten Freundesbrief erwähnten Erbe bald aufgebraucht sein. Wir müssen uns gerade in der Adventszeit  noch einmal sehr engagieren, um auch in Zukunft  zumindest allen Schwangeren und Kleinkindern eine sichere Behandlung im Krankenhaus ermöglichen zu können.

 

Das Besuchsteam nach Fachgesprächen mit tansanischen Fachärzt(inn)en und der Chefärztin Dr. Lilian Kafuruki (3.v. rechts)

Bei der Durchsicht der Spenderlisten ist für mich immer wieder die breite Basis der Unterstützung sehr erfreulich. Manche Menschen sind schon seit Anfang an mit einem Dauerauftrag dabei, andere spenden regelmäßig jährlich oder sammeln anlässlich von familiären Anlässen. Wichtig sind auch die Kollekten von Kirchengemeinden. Die Mitarbeitenden des Krankenhauses St. Johannisstift in Paderborn haben die Möglichkeit, zugunsten von Ndolage auf Centbeträge in ihrer Lohnabrechnung zu verzichten, was manche auch gleich für eine höhere regelmäßige Spende nützen. Die Spenden können vollständig den Bedürftigen zugutekommen, da die Spendenbuchhaltung durch die Vereinte Evangelische Mission übernommen wird, die Mitarbeitenden des Freundeskreises ehrenamtlich  arbeiten und auch die anfallenden Kosten privat tragen und in Ndolage die Kosten für die Buchhaltung und jährliche Buchprüfung durch einen einzelnen Spender abgedeckt sind.

 

Auch im Namen unserer Freundinnen und Freunde in Ndolage bedanke ich mich für die großzügige Unterstützung und wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit!

Dr. Frank Beier

 

 

Die aufwändige Spendenbuchhaltung übernimmt für uns die Vereinte Ev. Mission :Konto: Vereinte Ev. Mission, SWIFT/BIC: GENO DE D1 DKD,  IBAN:  DE45 3506 0190 0009 0909 08, Verwendungszweck: Ndolage-PPF und komplette Adresse für die Spendenbescheinigung (Wenn die Adresse nicht unter „Verwendungszweck“ steht, wird sie nicht übermittelt!) PS: Daueraufträge geben uns eine größere Planungssicherheit. Sollte eine planmäßige Verwendung der Spendengelder nicht möglich sein, werden sie von der VEM für ähnliche Projekte verwendet.

Kontakte: Krankenhauszentrale: elctndolagedontospamme@gowaway.yahoo.com

Koordinatorin PPF, Frau Witness Lwamulege:  richardbabilidontospamme@gowaway.gmail.com

Verwaltungsleiter Ndolage: Pastor Richard Rubenge, rrrubengedontospamme@gowaway.gmail.com

Dr. Frank Beier: SilkeFrankBdontospamme@gowaway.web.de , Tiefenstr. 4, D-33824 Werther, Tel. 05203-296971

Homepage Freundeskreis Ndolage mit Archiv der früheren Freundesbriefe: www.freundeskreis-ndolage.de

Informationen zur Vereinten Evangelischen Mission: www.vemission.org